Toni Turek
– Kleine Chronik in Bildern
Die folgenden Abbildungen stammen aus dem Buch
TONI TUREK — "FUßBALLGOTT". EINE BIOGRAPHIE.
Hildesheim 2019
(Bildnachweis siehe Impressum)
I. Die Frühen Jahre (1919–1945)
Am 18. Januar 1919 erblickt Toni als jüngstes Kind von Josef Turek (1887–1962) und Rosalie, geb. Düsterhöft (1889–1970) in Duisburg-Wanheimerort das Licht der Welt. Die Eheleute stammen aus der ehemals preußischen Provinz Posen (heute polnisch Poznań, Großpolen). Sie waren im April 1914 ins westdeutsche Kohlerevier gekommen.
Der Vater arbeitet als Stahlkocher in den Krupp’schen Hüttenwerken im linksrheinischen Duisburg-Rheinhausen, wo 1897 die ersten Hochöfen angeblasen wurden.
1926 ff. – Leidenschaft für das runde Leder
Umgeben von drei Geschwistern wächst Toni wohlbehütet in einer katholisch-kleinbürgerlichen Lebenswelt auf. An Ostern 1926 wird er in Wanheimerort in die Volksschule an der Buchenstraße eingeschult. Ein Jahr später zieht die Familie in die Dickelsbachsiedlung, die im Rahmen des in jenen Jahren einsetzenden Sozialen Wohnungsbaus entsteht.
Bereits mit acht Jahren darf er zum Duisburger Sportclub (DSC 1900) – die Leidenschaft für das runde Leder war entfacht.
1933–1945: Böse Jahre
In jenen Jahren ziehen dunkle Wolken über Deutschland und Europa. Im Januar 1933 kommen die Nationalsozialisten an die Macht. Damit erfolgt die Gleichschaltung, die auch den Sport einschließt. Der Fußball steht fortan unter dem Hakenkreuz.
Nach Schulabschluss erlernt Toni ab 1934 das Bäckerhandwerk, das er nach dreijähriger Lehrzeit mit dem Gesellenbrief abschließt. Dem Fußball bleibt er treu und beweist als Tormann außergewöhnliche Begabung.
Im September 1939 beginnt der Zweite Weltkrieg. Tureks vielversprechender Weg zum großen Torwart findet ein jähes Ende: Er wird in die Wehrmacht einberufen. Sie führt den 20-Jährigen auf die Kriegsschauplätze Europas, unter anderem nach Polen, Russland, Frankreich und Italien. Oft steht er an vorderster Front.
Im Januar 1943 heiratet er seine große Jugendliebe: Wilhelmine („Miezi“), geb. Lobemeier.
Neben dem Kriegsdienst kann der Soldat Turek bisweilen am Spielbetrieb der Gauliga Niederrhein teilnehmen. Seit 1938 hütet er für den Duisburger Turn- und Sportverein 1848/99 (TuS 48/99) das Tor. Zeitweise in Ulm an der Donau stationiert, kickt er auch als Gastspieler beim 1. SSV Ulm 1928 sowie in der Württembergischen „Gau-Nachwuchself“.
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II. Die Mitte des Lebens (1945–1973)
Die Luftangriffe während des Krieges haben auf Sportplätzen Bombentrichter hinterlassen. Doch schon rollt der Ball wieder. Die ersten Spiele finden in Trümmerlandschaften statt.
Kurz nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft im Sommer 1945 steht Turek wieder im Tor.
In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wechselt er Anfang Dezember 1946 in die Oberliga Süd (diese hatte bereits am 4. November 1945 Premiere) zur Frankfurter Eintracht. Dort zeigt er eine ansprechende Leistung; die Presse überschüttet ihn oft mit Lob.
Bereits im Sommer 1947 wechselt er zur TSG Ulm 1846 und spielt sich mehr und mehr in den Fokus der Oberliga Süd. Nebenbei arbeitet er als Sportlehrer im Ulmer Jugendgefängnis.
1950–1955: Fußballtage im Westen
Im Sommer kehrt Turek mit seiner Familie ins Rheinland zurück. Dort empfängt ihn die Düsseldorfer Fortuna mit offenen Armen und vermittelt ihm bei der Rheinbahn AG (so seit 2005) eine Anstellung (kurzzeitig als Kraftfahrer, danach in der Verwaltung im Direktionsgebäude).
In den folgenden fünf Jahren erlebt er seine Glanzzeit, wobei er als Linientorwart von „stoischer Eleganz“ zu den namhaften Akteuren der Oberliga West gehört.
Nationalmannschaft
Am 22. November 1950 geht ein Traum in Erfüllung: Turek debütiert im DFB-Team. 115.000 Zuschauer (!) sind bei strömendem Regen ins Stuttgarter „Neckarstadion“ gekommen. Insgesamt bestreitet er 20 Länderspiele.
1954: Die Sternstunde – Turek wird Weltmeister
Bei der Fußball-WM in der Schweiz (16.6–4.7.) gewinnt der Fortuna-Tormann mit der von Sepp Herberger trainierten Nationalmannschaft den Titel. Sie besiegt im dramatischen Finale am 4. Juli dank Fortuna die hoch favorisierte „Goldene Elf“ aus Ungarn mit 3:2. Eine der großen Sensationen des Sports hat sich hier ereignet; man spricht bis heute vom „Wunder von Bern“. Der Rundfunkreporter Herbert Zimmermann erhebt Turek zum „Fußballgott“.
1957–1973: Zwischen Rheinbahn, Familie und Trainingsbank
Nachdem ein Comeback bei Borussia Mönchengladbach misslingt (1956/57), beendet der Weltmeister im Januar 1957 seine aktive Laufbahn. Fortan setzt er seinen Beruf bei der Rheinbahn (seit 1959 leitet er die Registratur) an die erste Stelle. 1967 lässt sich die Familie Turek in Kaarst (seit 1975 zur Kreisstadt Neuss gehörend) in einem neu erworbenen Reihenhaus nieder.
Der Fußball lässt ihn aber nicht los. Er trainiert nebenberuflich Amateurvereine im Düsseldorfer Umland und kümmert sich um Jugendmannschaften. Ebenso lässt er sich für Hilfsorganisationen einspannen und kickt Spendengelder zusammen.
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III. Die Späten Jahre (1973–1984)
19 Jahre sind seit dem „Wunder von Bern“ vergangen, Turek ist jetzt 54 Jahre alt – dann wendet sich im September 1973 das Schicksal gegen ihn. Er erkrankt völlig unerwartet und ist von der Hüfte abwärts gelähmt.
Die rätselhafte Krankheit fesselt ihn zunächst an den Rollstuhl. Dank etlicher Reha-Maßnahmen schafft er es jedoch, mit Krücken oder Stock kurze Strecken zu gehen.
Am 18. Januar 1979 feiert er seinen 60. Geburtstag. Sein Häuschen platzt aus allen Nähten, als eine erlesene Gratulantenschar anrückt, darunter Fritz Walter. Einer der letzten Höhepunkte in seinem Leben!
Der Weltmeister ist nicht vergessen. Noch immer ist er bekannt und beliebt.
Täglich erreichen ihn Autogrammwünsche.
Im November 1983 erleidet er einen Herzinfarkt. Die Ärzte können ihn nicht mehr retten. Der „Fußballgott“ verstirbt schließlich am 11. Mai 1984 im Neusser Etienne-Krankenhaus – 54 Tage vor dem 30-jährigen Jubiläum des „Wunders von Bern“. Am 21. Mai wird er in Mettmann auf dem Friedhof Lindenheide zu Grabe getragen.
Seine Ehegattin überlebt ihn um 27 Jahre. Der Tod schließt ihr an Heiligabend 2011 die Augen. Sie findet ihre letzte Ruhestätte neben seinem Ehrengrab.
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IV. Der Nachruhm
Auch in den folgenden Jahren gerät Turek, besonders im Rheinland, nicht in Vergessenheit. Bis heute werden ihm verschiedene Würdigungen zuteil.
Unter anderem veranstaltet die Rheinbahn anlässlich seines 20. Todestages und des 50. Jahrestags des Berner Endspiels am 17. Juli 2004 im Düsseldorfer „Paul-Janes-Stadion“ ein Toni-Turek-Turnier. Dieses wird mit einem vier Meter großen „Pappmaché-Turek“ auf einem Schienenwagen beworben.