Und immer wieder gibt es Neues
Norbert Nußbaum
(Düsseldorf, im November 2022)
Recherchen zu einem Thema hören nie auf. Und es ist dann für den Chronisten immer sehr erfreulich, wenn dabei neue resp. ergänzende Erkenntnisse zutage treten. Und bei meinen erneuten Forschungen über Toni Tureks frühe Vita war dies der Fall.
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Hier meine neuen Details:
1. Turek als Leichtathlet:
Toni Turek war bekanntlich bereits in frühen Jugendjahren sportlich aktiv. Bereits 1927 schloss er sich als Achtjähriger dem Duisburger Sportclub (DSC) 1900 an, der sich damals um die Förderung der Jugend verdient machte.
Jedoch waren Details aus diesen ersten Jahren in den Altersklassen (D-Jugend bis 12 Jahre, C-Jugend bis 14 Jahre, und B-Jugend bis 16 Jahre) bislang kaum bekannt.
Nunmehr fand ich in meinen Recherchen heraus, dass ihn die "Rhein und Ruhrzeitung" eben bereits 1927 erwähnt. In jenem Jahr nahm der Grundschüler an den „Vaterländischen Spielen“ in Duisburg teil, wobei er sich in die Siegerliste für den „Leichtathletischen Dreikampf“ (100-Meter- Lauf, Weitsprung, Schleuderballwurf) eintragen konnte.
Eröffnungsansprache der Spiele im Duisburger Stadion
Siegerliste
Quelle: "Rhein und Ruhrzeitung" vom 10. Juli 1927
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2. Bild vom Jugendspieler Turek:
Anlässlich des Länderspiels zwischen Deutschland und Luxemburg (7:2) am 27. September 1936 in Krefeld, wobei die „Grothenburg-Kampfbahn“ eingeweiht wurde, bestritten die älteren Jugendmannschaften (A-Jugend) zwischen Krefeld und Duisburg das „Vorspiel“. Wie bekannt, stand Toni Turek im Tor der Gästemannschaft, die dieses Spiel mit 6:1 gewann.
Beim Einlauf der Nationalmannschaften, der auf Bild festgehalten wurde, bildeten die beiden Jugend-Teams ein Spalier. Die Duisburger Elf steht links, wobei der großgewachsene, 17-jährige Turek zu erkennen ist (siehe →).
Die Luxemburger Elf läuft ein – von Turek bewundert.
Quelle: "Niederrheinische Volkszeitung", 28.September 1936
Dieses Spiel war bekanntlich der entscheidende Einstieg für den späteren „Fußballgott“: Sepp Herberger, seit 1932 beim Westdeutschen Spiel-Verband (WSV) angestellt, debütierte bei jenem Länderspiel als Nationaltrainer. Er war von Turek beeindruckt und nahm ihn in sein legendäres Notizbuch auf.
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3: Wann wechselte Turek zum Duisburger TuS 48/99?
Der Zeitpunkt seines Wechsels zum Duisburger Turn- und Sportverein 1848/99 (TuS 48/99), der in der Gauliga Niederrhein spielte, ist nicht genau bekannt. Aufgrund meiner Sichtung mehrerer Periodika, besonders der lokalen Presse, können wir nun das Zeitfenster dieses Wechsels präziser eingrenzen.
Der junge Turek erlernte, wie bekannt, seit 1927 das Torhüterhandwerk beim Duisburger Sportclub 1900 (seit 1969 Duisburger Spielverein (DSV) 1900). Ab der Spielzeit 1937/38 gehörte er zu den Senioren und konnte sich bald einen Stammplatz in der 1. Mannschaft sichern. In der folgenden Spielzeit misslang dem DSC 1900 der erstrebte Aufstieg in die Bezirksliga; Turek, seit 1938 dem Reichsarbeitsdienst unterstellt und ein Jahr später in die Wehrmacht einberufen, stand seinem Team nur eingeschränkt zur Verfügung.
Am 13. August 1939 hütete der 20-jährige Torwart in der ersten Partie der neuen Saison wieder das Tor. Im Freundschaftsspiel gegen den Bezirksligisten, den Sportverein Beeckerwerth, gab es eine 0:1-Niederlage.
Turek und sein Gegenüber Vogelsang glänzen
Quelle: "Duisburger General-Anzeiger", 14.8.1939
Dies war seine letzte nachweisbare Begegnung für den DSC 1900. In den nächsten, erfolgreichen Spielen wurde der „Ersatzmann“ Raffard sein Nachfolger. Turek verschwand gleichsam aus der Öffentlichkeit. Weder in der lokalen Presse, in den einschlägigen Sportzeitungen noch in den „Gauverordnungsblättern findet sich in jenen Wochen sein Name. Der am 1. September ausgebrochene Krieg forderte seinen Tribut.
Turek tauchte erst wieder am 11. März 1940 auf: sowohl in der "Rhein und Ruhrzeitung" als auch in der "Westdeutschen Fußballwoche" (WFW), die vom 4:0-Sieg des TuS beim Gauligaspiel des TuS 48/99 in Hilden gegen den VfB 03 berichteten (10.3.) Eine Woche später beim Sieg gegen den SSV Wuppertal (3:1) und dann am 31. März im Heimspiel gegen TuRu Düsseldorf (1:1) war Turek dann ebenfalls mit dabei. Diese Begegnung wurde von der "Rhein und Ruhrzeitung" in besonderem Maße gewürdigt. (Vgl. auch Werner Raupp: Toni Turek – „Fußballgott“, 2019, S. 30 f.: Saison 1939/40).
Erstes Spiel von Turek für 48/99
Quelle: "Rhein und Ruhrzeitung", 11.März 1940
Turek durch die Presse als neuer Torwart vorgestellt
Quelle: "Rhein und Ruhrzeitung", 01.April 1940
Es verbleibt also das Zeitfenster von Mitte August 1939 bis März 1940. Der genaue Zeitpunkt und die Hintergründe des Wechsels liegen noch im Dunkeln.
Wir können davon ausgehen: dass der TuS den talentierten Turek anfragte oder/und dass dieser wahrscheinlich in der Gauliga, der höchsten Liga im „Nazi-Deutschland“, spielen wollte. Dieses Ziel konnte er jedoch mit dem DSC 1900 kaum erreichen, ein Vereinswechsel war unumgänglich. Die infrage kommenden Duisburger Vereine, Hamborn 07, Westende Hamborn und Duisburg 48/99, waren auf der Torhüterposition allesamt sehr gut besetzt.
Einzig beim letztgenannten Verein hatte sich im Sommer 1939 die Situation verändert, nachdem der Stammtorhüter und Auswahlspieler Willi Abromeit zu Fortuna Düsseldorf abgewandert war. Sein Nachfolger wurde wieder der altgediente Alfred Strathmann, der viele Jahre beim TuS 48/99 das Tor hütete. Dieser Umstand und die Nähe zu seinem Wohnort waren weitere Gründe, um einen Wechsel zu vollziehen. Hinzu kam, dass der berühmte ehemalige Nationaltorwart „Teddy“ Lohrmann zu jener Zeit auch beim TuS als Trainer zugange war. Dies begeisterte die Duisburger Jugend und machte auch Turek neugierig (vgl. W. Raupp, 2019 (w.o.), S. 24).
Jedenfalls besaß er zum besagten 10. März 1940 eine Spielberechtigung für den TuS Duisburg 48/99 und kam also, wie in der "Rhein- und Ruhrzeitung" vom 11. März (s.o.) zu lesen, aufgrund von Strathmanns Verletzung als „Kriegsurlauber“ erstmals in der Gauliga zum Einsatz.
Bei allen Nachforschungen muss freilich immer berücksichtigt werden, dass der Soldat Turek zumeist an der Front gefordert war. So hatte er freilich nicht oft die Möglichkeit, dem Fußballsport in Duisburg nachzugehen.
Fazit: Ich forsche weiter !!